Reisebericht 6: Indien Teil 2
Backpacking Indien

So, ich habe mich ein wenig gefangen und kann nun wieder geordneter über Indien schreiben, obwohl ich sagen muss, dass es die letzten 1,5 Wochen nochmal in sich hatten und die volle Ladung Indien noch auf mich warten sollte. Aber mehr dazu später…

Nachdem ich in Südafrika schon sehr viel Glück mit den Big Five hatte, dachte ich mir, dass eine Tiger-Safari in Indien bestimmt auch von Erfolg gekrönt sein müsste. Von daher Sachen gepackt und kurzerhand in den Nationalpark Ranthambore im Süden von Rajasthan gefahren. Es geht bestimmt noch mehr Dschungelbuch, aber für mich war das schon genau die Erfahrung, die ich mir vorgestellt und auch gewünscht hatte.
Eine Safari mit einer indischen Familie ist nicht sehr empfehlenswert, um möglichst viele Tiere zu sehen. Jeder, der schon mal in Indien war, weiß, dass Inder unglaublich laute Menschen sind, was Tiere nicht mal so sehr mögen - wer hätt's vermutet. Dennoch musste ich auf meinen Shir-Khan nicht verzichten. Und zudem gelernt: Balu ist das Wort für Bär auf Hindi ;) Also, wieder Erfolg auf ganzer Linie!

Im Dschungel


Balu


Shir-Khan


Pfauen, die Nationalvögel Indiens


Apropos laute Menschen. Man ist schon einigermaßen schlechter Laune, wenn man morgens um 4 Uhr geweckt wird, da der Zimmerkollege im Hostel meint, 2-stündige Telefonate führen zu müssen (und das habe ich nicht nur einmal erlebt). Aber wenn man genauer darüber nachdenkt ist das einfach ein kultureller Unterschied, wie ich ihn hier schon so oft erlebt habe. Denn wenn man mit einer Großfamilie in einem Raum aufwächst, ist man schon als Kleinkind gezwungen bei egal welcher Geräuschkulisse zu schlafen, denke ich. Von daher alles halb so wild. Verwunderlich ist es deshalb auch nicht, dass man ins Kino (schreiende) Kleinkinder mitnimmt, auch hier Telefonate führt und Lieder mitsingt und klatscht. Ich musste nicht nur einmal während des Films schmunzeln. Solche Geschichten habe ich nun tausendfach auf Lager. Übrigens, den Bollywood-Film ohne Untertitel komplett verstanden. Spricht nicht gerade für die Qualität des Films/Genres, oder?!

Als nächstes ging es weiter nach Agra, um das Taj Mahal zu sehen. Der Sonnenaufgang am Taj Mahal soll hierbei besonders schön sein. Das kann ich so leider nicht bestätigen und so freute ich mich umso mehr auf den Sonnenuntergang, den man am besten vom Methab Bagh Park aus sehen kann. Hierbei leuchtet das Taj je nach Licht im Rot der Sonne und man muss auch nur 200 Rupien für den Park zahlen, anstatt 1000 Rupien für die Taj-Mahal-Anlage. Das Gebäude an sich ist natürlich wahnsinnig beeindruckend, doch sonst gibt es absolut nichts in Agra zu sehen. Ein bisschen surreal ist, dass eines der neuen 7 Weltwunder inmitten von Slums liegt und man daher mal wieder Not neben extremem Reichtum erleben kann. Schon seltsam eine durchgestylte US-Amerikanerin in Markenklamotten zu sehen, wie sie sich den Weg durch die Slums zum Taj bahnt.

Das Ziel Vieler: Taj Mahal


Da darf ich natürlich nicht fehlen


Für die Gallerie. Man beachte die Spiegelung


Und dann ging es weiter nach Varanasi, Sehnsuchts- und Pilgerort aller Hindus und das indischste Indien, das ich erlebt habe. Wer es auf seiner Reise durch Indien verpasst, der hat Indien verpasst. Es ist kaum zu erklären und sehr sehr verrückt. Wer schon in Jerusalem war, der wird es am besten verstehen können, dennoch ist es ganz anders. Lasst mich am besten ein Bild beschreiben und ich hoffe, dass die Atmosphäre hierbei transportiert wird. Am Anfang des Reiseberichts Indien Teil 1 habe ich ein paar Worte in den Raum geworfen, wie Indien sein kann. Hier, an diesem Ort, in Varanasi, trifft es alles mit einer Intensität zusammen, dass man sich erst fangen und konzentrieren muss, um nicht ganz überwältigt zu werden. Man geht hinunter zum Ganges, dem heiligsten aller heiligen Flüsse, und trifft auf das Manikarnika Ghat (Ghat = Abschnitt am Ganges, meist mit Treppenstufen hinunter zum Fluss für die rituellen Waschungen). Das Manikarnika Ghat ist das sogenannte Burning Ghat, an welchem die Leichen gläubiger Hindus am Gangesufer verbrannt werden.

Die typischen Ghats


Ich stehe also nun am Ganges und blicke hinüber zum Ghat, wo gerade unter mantraartigen Sprüchen eine neue Leiche an den Ganges gebracht wird, um sie zu waschen. Währenddessen brennen bereits 3 tote Körper unter riesigen Holzhaufen. Der Qualm und der Geruch nach Verbranntem treiben mir die Tränen in die Augen. Viele Menschen stehen um mich herum, unterhalten sich und schauen den Verbrennungen zu, besonders auch viele Alte und Kranke, die nach Varanasi gekommen sind, um am heiligen Ort zu sterben. 20 Meter neben den rituellen Verbrennungen sehe ich Wasserbüffel, die sich zwischen den Kohlestückchen zum Abkühlen in den Ganges begeben haben. Am Ufer spielen 2 Hunde mit einem Schädel eines anderen Tieres und nagen das verbliebene Fleisch ab. Ich gehe ein paar Schritte und sehe Kinder im Ganges baden und plantschen, die Feuer noch in Sichtweite, den Geruch noch in der Nase. Alte Frauen stehen am Ufer und lassen sich für 20 Rupien von Barbieren den Kopf kahlscheren. Danach begeben sie sich zum Fluss und entlassen ein Schälchen geformt aus Blättern und Blüten mit einer Kerze und den besten Wünschen für sich und ihre Angehörigen in das Wasser. Daneben betet ein nackter Guru im Schneidersitz mit geschlossenen Augen. Ich versuche alles aufzusaugen und zu verstehen, doch es gelingt mir nicht. Die einzige Sache, die ich verstehe: Ich bin hier an einem geheiligten Ort, an einem spirituellen Ort. Die Energie, die diesen Platz am Ganges umgibt, ist tatsächlich spürbar, erlebbar. Danke Varanasi, danke Indien!

Einfach Varanasi. Man weiß nicht, wo man hinschauen soll


Sonnenaufgang in Varanasi mit Waschung. Sollte man gesehen haben


Solange es hilft... ;) Einfach alles ausblenden und rein


Mehr Waschungen an den Ghats


Auch die wollen sich von Sünden reinwaschen


Kahlschur


Mein Licht und ich. Auch ohne die Kahlschur meine Wünsche losgeworden


Mein Licht auf dem Ganges. Genaue Beobachter können Kohlestückchen rundherum erkennen


Die allabendliche Zeremonie für Ganges und Shiva. Mutet sehr archaisch an


Yoga in Indien muss sein


Weitere Eindrücke aus Varanasi


Weitere Eindrücke aus Varanasi


Nachtrag: Westliche Touristen, gewöhnungsbedürftig, sehr gewöhnungsbedürftig. Touristen: „Und wo warst du?“, ich: „Neu-Delhi, Varanasi, usw.“, Touristen: „Also nee, wir sind extra nicht nach Neu-Delhi gegangen, zu viel Chaos, zu warm, zu viele Leute. Wir waren im Norden und haben einen eher spirituellen Trip gemacht.“ Eine Bitte an euch, solltet ihr jemals nach Indien gehen: Indien ist viel und manchmal sehr schwer zu ertragen, aber auch das ist Indien. Verkriecht euch nicht nur im Norden auf der Suche nach euch selbst, ihr werdet das Land nicht kennenlernen. Indien ist nun mal oft warm, Chaos, Armut und besteht nicht nur aus den schönen ruhigen spirituellen Orten im Norden. Hier wohnen 1,3 Milliarden Menschen und ein Großteil von ihnen hat andere Sorgen im Alltag als sich selbst zu finden. Bitte vergesst das nicht und seid nicht ignorant. Schaut hin, lernt und agiert!

Ohne Worte


Und zum Schluss: Indische Hochzeit

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